Das Zootier des Jahres 2019 ist der Gibbon

Im Tierpark Hellabrunn sind mit dem Silbergibbon und dem Siamang zwei der insgesamt 20 verschiedenen Gibbon-Arten vertreten – alle sind laut Roter Liste der IUCN als „bedroht“ bzw. „gefährdet“ eingestuft. Hellabrunn ist der einzige Zoo in Deutschland, in dem Silbergibbons leben. In ihrer Heimat, der indonesischen Insel Java, wird der Bestand auf nur noch rund 2.500 Tiere geschätzt. Hauptursache für die starke Bedrohung ist die Abholzung der Regenwälder für die Holz- und Papierproduktion sowie für den Anbau von Ölpalmen in großen Monokulturen.

Siamang (Copyright: Tierpark Hellabrunn / Marc Müller)

Silbergibbon (Copyright: Tierpark Hellabrunn / Daniela Hierl)

Gelbwangen-Schopfgibbons (Copyright: Tierpark Hellabrunn / Mark Dumont)

Für das Jahr 2019 plant der Tierpark die Neugestaltung der Silbergibbon-Außenanlage. Die Umbauarbeiten werden durch die finanzielle Unterstützung des Hellabrunner Förderkreises ermöglicht.
 
Die zweite Gibbon-Art, die es in Hellabrunn zu sehen gibt, sind Siamangs – sie stammen von der indonesischen Insel Sumatra sowie der malaiischen Halbinsel und sind ebenso durch Bejagung und Abholzung bedroht.
 
Seit 2018 engagiert sich der Tierpark finanziell zudem für eine weitere, sehr bedrohte Gibbon-Art: Die Gelbwangen-Schopfgibbons. Über diese Gibbon-Art ist aktuell noch sehr wenig bekannt und es gibt keine genauen Daten, wie groß der Bestand in ihrem Lebensraum ist. Doch aufgrund eines geschätzten Populationsrückgangs von mindestens 50 Prozent in weniger als 50 Jahren werden auch Gelbwangen-Schopfgibbons auf der Roten Liste der IUCN als „gefährdet“ eingestuft.



Gemeinsame Pressemitteilung der Zoologischen Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz, der Deutschen Tierpark-Gesellschaft, des Verbandes der Zoologischen Gärten und der Gemeinschaft der Zooförderer zum Zootier des Jahres 2019:
 
Gibbons spielen neben Gorillas, Schimpansen & Co. in der Öffentlichkeit nur eine kleine Rolle, dabei sind Gibbons genauso bedroht wie ihre größeren Verwandten. Weil ihre Wälder großflächig zerstört werden, weil die Gibbonmütter getötet werden, damit ihr Nachwuchs auf dubiosen Heimtiermärkten verkauft wird und weil sie gelegentlich sogar gegessen werden, sind alle der rund 20 Arten als „bedroht“ bzw. „gefährdet“ eingestuft. Um mehr Aufmerksamkeit auf die sogenannten kleinen Menschenaffen zu lenken, hat die Zoologische Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz e.V. (ZGAP) den Gibbon zum „Zootier des Jahres 2019“ gewählt. „In China sind allein in den vergangenen 20 Jahren zwei Arten für immer verschwunden, vom Menschen vollständig ausgerottet“, sagt Dr. Sven Hammer von der ZGAP. „Dieses Schicksal wollen wir den verbleibenden Gibbonarten unbedingt ersparen.“
 
Kräfte bündeln
Ziel der Kampagne ist es, die koordinierten Erhaltungszuchtbemühungen der Zoologischen Gärten und die Schutzprojekte in den südostasiatischen Ursprungsländern zu unterstützen. Dazu sammeln die beteiligten Partner Gelder, um mit konkreten Maßnahmen zum Erhalt der Gibbons beizutragen. Neben der federführenden Zoologischen Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz e.V. (ZGAP) arbeiten die Einrichtungen und Mitglieder der Deutschen Tierpark-Gesellschaft e.V. (DTG), des Verbandes der Zoologischen Gärten e.V. (VdZ) und der Gemeinschaft der Zooförderer e.V. (GdZ) eng zusammen. „Wir wollen unsere Kräfte bündeln, um möglichst viel bewirken zu können“, sagt Viktoria Michel, Projektkoordinatorin der „Zootier des Jahres“- Artenschutzkampagne. „Dazu haben wir zwei Projekte ausgewählt, die mit den gesammelten Mitteln den Schutz der Gibbons noch effektiver durchführen können.“
 
Nakai-Nam Theun, Laos - Weißwangen-Schopfgibbons
In Laos ist das Schutzgebiet Nakai-Nam Theun mit 3.500 Quadratkilometern Fläche eines der letzten großen zusammenhängenden Waldgebiete in Südost-Asien. Es beherbergt zahlreiche endemische und stark bedrohte Arten. Hier leben der Nördliche (Nomascus leucogenys) und der Südliche Weißwangen-Schopfgibbons (Nomascus siki). „Project Anoulak“ bietet Hilfe für die seltenen Tierarten in Laos. Um die Wilderei zu reduzieren, patrouillieren in sorgsam ausgewählten Bereichen 24 ausgebildete Ranger durch den Wald, die durch die lokale Regierungsbehörde unterstützt werden.
 
Kon Plong, Vietnam – Gelbwangen-Schopfgibbons
In Zentralvietnam leben noch etwa 800 der bedrohten Nördlichen Gelbwangen-Schopfgibbons (Nomascus annamensis). Hier ist es das Ziel, den Lebensraum der Gibbons großflächig unter Schutz zu stellen und so ein Überleben dieser Art dauerhaft zu sichern. Deshalb sollen zwei bestehende Schutzgebiete miteinander verbunden werden und ein weiteres großes und bislang weitgehend unerforschtes Waldgebiet angefügt werden. Als Ergebnis soll ein Gibbon-Schutzgebiet von über 120.000 Hektar Fläche entstehen.
 
Singende Kletterer
Gibbons leben in monogamen Familienstrukturen. Durch weittragende Gesänge grenzen die Paare bzw. Familien ihre Reviere im dichten Regenwald voneinander ab. Auf dem Boden sind sie selten zu finden und bewegen sich dann wie Menschen im aufrechten Gang fort. Das sind auf den ersten Blick einige Parallelen zu uns und dennoch haben Gibbons ein Imageproblem. Durch ihre geringe Körpergröße, die langen Arme und ihre versteckte Lebensweise in den Baumwipfeln werden sie von Laien nicht als Menschenaffen erkannt und von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen.
Gibbons werden massiv durch Wilderei bedroht. Steigende Verkaufspreise für traditionelle chinesische Medizin oder den Heimtierhandel bewirken eine Intensivierung der Jagd auf seltene Wildtiere. Immer tiefer dringen die Wilderer in die Wälder vor, da viele Tierarten in den Randgebieten bereits ausgerottet sind.
Außerdem werden die natürlichen Lebensräume der Gibbons durch Abholzung, Straßenbau sowie landwirtschaftliche Flächennutzung zunehmend vernichtet. Doch trotz großer Störungen wandern Gibbongruppen nicht einfach ab – und diese starke Bindung an ihr Territorium wird ihnen somit häufig zum Verhängnis.
 
Kontakt: Mag. med. vet. Viktoria Michel, Projektkoordinatorin „Zootier des Jahres“ (0157/82594559; zootierdesjahres@zgap.de)